Orkan PETRA am 04.02.2020

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Luftmassen-Satellitenbild (RGB), Bodendruck (hPa) und Jetstream (kt) in 300 hPa

Spannende Wetterlage derzeit. Ein Sturm jagt den nächsten. Schon die Nacht von Samstag auf Sonntag brachte eine Gewitterlinie über Süddeutschland bis nach Oberösterreich und verbreitet Böen über 100 km/h, gebietsweise über 130 km/h (abgedeckte Dächer). Das Satellitenbild zeigt einen V-förmigen Höhentrog, sehr scharf, flankiert von zwei gekrümmten Jetstreams. Darin eingelagert eine Kaltluftentwicklung (Kaltfront kommagenitus), an der sich eine Gewitterlinie bildete. Von den Brexit-Inseln naht das nächste Sturmtief.

Die Situation am Montagabend, 03. Februar 2020, 19 Uhr MEZ:

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Luftmassen-Satellitenbild + Bodendruck

Der Übergang von hochreichender Bewölkung auf wolkenfrei markiert die Jetachse. Südlich von Irland ein ausgeprägtes Maximum isentroper potentieller Vorticity, das der treibende Motor für die Verstärkung von Orkan PETRA sein wird. Das Bodentief liegt nicht unbedingt dort, wo man es aufgrund der Bewölkung vermutet hätte (der Wellenscheitel beifndet sich genau an der Südwestspitze von England), sondern deutlich weiter südlich über Nordfrankreich. Die Kaltfront ist bereits deutlich anhand vom Isobarenknick erkennbar. Der Kerndruck des Bodentiefs soll von aktuell 1012 hPa innerhalb der nächsten 12 Stunden nochmals um 20 hPa fallen. Damit qualifiziert das Tief als „rapide Zyklogenese“. Es wird sich zunehmend eine Okklusion ausbilden.

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GFS 12z-Lauf, gültig für Dienstag, 04. Februar 2020, 10 Uhr MEZ, Niederschlag und Wind (ca. 700m Höhe)

Der Höhepunkt wird gegen 10 Uhr am Vormittag erreicht. In Westösterreich vor der Kaltfront seichter Südföhn bis in viele Täler, danach Winddrehung auf Nordwest und kurzzeitig schwere Sturmböen (um 100 km/h, stellenweise mehr). Mit der Kaltfront kräftige Schauer, die Schneefallgrenze sinkt von 2000m in der Nacht bis in die Niederungen ab. Eingelagerte Gewitter an und hinter der Kaltfront. Die höchsten Windgeschwindigkeiten werden im Wald-, Wein- und Industrieviertel gerechnet. Dort zeigt selbst der Bodenwind im Mittel verbreitet 25-30kt. In 600-700m Höhe werden 50-55kt im Mittel gerechnet. In Spitzen in den Niederungen also 100-120 km/h, auf exponierten Kuppen über 150 km/h, auf dem Schneeberg um 200 km/h. Anhand der Niederschlagsberechnungen wird klar, dass der stärkste Wind dort auftritt, wo frontrückseitig der geringste Niederschlag fallen soll. Das kann auf einen sogenannten sting jet hindeuten, ein Starkwindband, das entsteht, wenn Wolkenluft sich mit sehr trockener Luft aus großen Höhen vermischt und verdunstet und abwärts beschleunigt (Verdunstungskälte).

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Drucktendenzen am Boden (farbig) und 500 hPa (grün punktiert) am Dienstag, 04.02.20, 09 UTC, Quelle: http://www.modellzentrale.de

Die kräftigen Böen lassen sich aber auch alleine durch den starken Druckanstieg (über 10 hPa in 3 Stunden) nahe dem Tiefdruckkern erklären, durch die rasche Ostwärtsverlagerung des Bodentiefs. Tagsüber wird der Sturm langsam schwächer, am längsten hält er sich im Osten und Südosten (Nordföhn). Treibender Motor für Sturmböen ist dann die Höhenkaltluft, die für weitere Schauer und Gewitter sorgt und den Höhenwind herabmischt. Im Nordstau sieht es bis Mittwochabend nach markanten Neuschneemengen aus, weiterhin bei viel Wind und großer Lawinengefahr. In mittleren und höheren Lagen sinkt die Temperatur um 15 Grad und mehr ab.

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Über Forscher (in Kooperation mit Meteoerror)

Quelle: Blog | https://meteoerror.wordpress.com ein Medienwatchblog, dessen Schwerpunkt auf der Darstellung meteorologischer Sachverhalte in den Medien liegt. über den Autor: abgeschlossenes Diplom-Studium der Meteorologie & Geophysik in Innsbruck | seit 2010 Berufsmeteorologe | umfassendes Interesse für meteorologische Phänomene wie Föhn, Tornados, Gewitter, Schnellläufer (Stürme), Talwindsysteme | fühlt sich dem Gewissen verpflichtet, über irreführende Darstellungen meteorologischer Sachverhalte in den Medien aufzuklären.