
Blick vom Gernkogel nach Norden, links Hochkönig, rechts Tennengebirge (Quelle) – Sonntag, 19.08.2018, 08:00 MESZ
Ab Donnerstag scheint es wirklich besser zu werden und das Wochenende wie die letzten Wochen: Überwiegend sonnig, heiß und einzelne gewittrige Regenschauer.Dazwischen traf mich das Schicksal des Meteorologen, denn ich hatte die ganze Woche Dienst und war damit zwangsläufig gezwungen, mir jeden neuen Lauf der Wettermodelle anzuschauen. Die waren keineswegs so konstant auf Schönwetter getrimmt wie es zunächst ausgesehen hatte. Das im vorletzten Beitrag gelobte GFS-Modell rechnete am Freitag, 17. August, weit mehr Gewitter im Westen als tatsächlich eintraten. Für Samstag, 18. August, war es vor allem vom Tiroler Unterland ostwärts schon vormittags gewittrig, und das besonders auch in den östlichen Nordalpen, wo gar nichts passierte, am Sonntag abklingende Niederschläge, aber nichts davon ist eingetroffen. Aber auch das europäische Modell, das weltweit führt bei den Prognosen, hat sich nicht mit Ruhm bekleckert. Es rechnete mal Nordstau, mal ganz trocken. Am besten war noch die Mittwochabendprognose (15.August, Feiertag), da war der Freitag gänzlich trocken, der Samstag nur bis Tiroler Oberland (so eingetroffen) und Sonntag schwacher Nordstau. Am Donnerstag, als ich stornierte, sah es nicht mehr so rosig aus, und genau das ist der Knackpunkt. Ich sah mir speziell die vertikalen Feuchteprofile an, also wie wahrscheinlich kompakte tiefe Bewölkung war, die die höheren Gipfel hätte einhüllen können. Da war ab Samstag eindeutig frontale, mehrschichtige Bewölkung zu sehen, die sich am Alpennordrand sukzessive ostwärts ausbreitet und vor allem sonntags bis weit herab reicht. Schuld an dem ganzen Desaster war ein über den Westalpen und den Balearen südwärts abtropfendes Höhentief, mit einer schwachbrüstigen Trogachse über den Westalpen, verantwortlich für die erhöhte Gewitterneigung. Die Trogachse hätte sich ursprünglich nur langsam verlagern sollen, und der horizontale Temperaturgradient im Nordalpenbereich deutete auf flach einströmende, kühlere Luft hin, also eine Art Luftmassengrenze, was auch den Nordstau erklärt hätte. Irritierend für mich war von Beginn bei den Europäern, dass die Niederschlagssignale sehr gering und flächig waren, untypisch für Gewitterniederschläge, während sie bei den Amerikanern eindeutig gewittrig geprägt waren. Letzendlich hat sich der Trog viel schneller aufgefüllt, blieb deutlich westlicher und von tiefbasiger Schichtbewölkung konnte am Wochenende keine Rede sein. Stattdessen ganz normales Sommerwetter mit einigen Quellwolken, aber weit entfernt von mehr als isolierten Gewittern. Die Wetterprognosen diverser App-Anbieter und der Wetterdienste waren uneinheitlich, gelinde gesagt. Zwischenzeitlich konnte ich die zu Schönwetter mit isolierten Gewittern neigenden Prognosen nicht nachvollziehen, sie waren letzendlich aber besser als das Wischiwaschi am Vortag „es können auch vormittags schon Gewitter durchziehen.“ – „es müsste trocken bleiben.“ 100% Treffsicherheit hat man selten, gerade im Sommer. Gewitterlagen bleiben eine große Herausforderung für Wettermodelle und Meteorologen. So eine große Inkonsistenz innerhalb von 7 Tagen habe ich aber schon lange nicht mehr erlebt, ebenso wenig ein so fundamental anderes Wetter als es die detaillierteren Modellkarten suggeriert haben. Das Prognosedebakel heißt nun nicht, den genannten (führenden) Wettermodellen nicht mehr zu trauen, sondern wieder stärker auf die Synoptik (Entwicklung der Wetterlage) zu achten, statt auf detailliertere Niederschlagsprognosen. Die Synoptik hieß:
- Die Temperaturen bleiben auf sommerlichem Niveau (13-17°C in 1500m), damit ist es sehr unwahrscheinlich, dass hier frontale Bewölkung auftritt, weil sonst eine signifikantere Temperaturabnahme stattfinden müsste (reduzierte Tageserwärmung).
- Außerdem befindet sich die Nullgradgrenze dann weiterhin deutlich über 3000m. Erfahrungsgemäß fällt die Nullgradgrenze bei konvektiven Lagen häufig mit der Wolkenuntergrenze zusammen.
- Eine ausgeprägte Front (Thetae-Gradient) ist nicht beteiligt, der Trog bleibt westlich, damit kommt etwaige flach einströmende Kaltluft kaum ostwärts voran.
- Geringe Niederschlagssignale sind tendenziell übertrieben, mangels ausreichend mächtiger Bewölkung.
- Tagesgänge im Niederschlag deuten auf konvektiven Charakter hin.