Herbst 2022

Zunächst, wie immer, die Verifikation der Sommer-Prognose. Bei den Druckabweichungen hatte ich folgendes Szenario vermutet : 

(C)KURT HANSEN VIA NOAA

Das Ergebnis muss als mittelmäßig bezeichnet werden, eigentlich gar nicht mal so schlecht aber eben nicht genau : 


(C)NOAA

Tiefdruckanomalie über Grönland gut getroffen, ebenso Hochdruck im gesamten mittleren Atlantik und Gesamt-ME, auch recht gut getroffen der Hochdruck im Nordöstlich-Arktischen Bereich, absolut nicht getroffen hingegen die Tiefdruckanomalie über weiten Teilen Skandivaniens, dem Baltikum und West-Russland. 

Bei den vermuteten Großwetterlagen ein recht gutes Ergebnis vermutet wurden von mir : 

"Bei den Großwetterlagen vermute ich u.a. NWa, Wa, SWa, BM, NWz, Wz, SWz, desweiteren südliche Lagen, Troglagen und evtl. nördliche Lagen, zu nennen wären SEa, Sa, HNa, HB, NEa, HFa und HNz."

Bis auf SWz dominierten tatsächlich die erstgenannten, ferner Troglagen wie TrW und Nördliche Lagen wie HB,HFa und HNz, ausgeblieben sind hingegen südliche Lagen. Im Juni trat noch ein paar mal TB auf, diese hatte ich nicht "auf dem Schirm". 

Bei der Charakteristik des Sommer ist das Bild zweigeteilt. Zwar hatte ich vermutet, daß es häufig die Bildung von Azorenhochkeilen gibt welche von Tiefdruckentwicklungen abgelöst wird, diese waren aber sehr ausdauernd, und Tiefdruck herrschte in abgeschwächter Form hauptsächlich im Süden und Norden vor, und zwar während der "Pausen" der Ausgreifung der Azorenhochkeile. Es muss zu denken geben daß eine GWL wie BM ( mit 18 Tagen Spitzenreiter ) sich derart ausdauernd zeigt, man will sich kaum vorstellen wie sich der Sommer entwickelt hätte wenn es, wie 2003, öfters zur GWL HM gekommen wäre. 

Bei den Abweichungen lag ich zu konservativ. Vermutet hatte ich +0,5° bis 1° zu 1991-2020, Ergebnis : +1,73°, für 1961-1990 hatte ich +1° bis +2,5° veranschlagt, tatsächlich wurden es +3,03°.

Damit belegt der Sommer 2022 den 4ten Platz hinter dem Spitzenreiter 2003, gefolgt von 2018 und 2019. Er wird wohl, wie von mir vermutet, die neue "Normalität" einläuten. 

Kommen wir nun zum Herbst, der wie das Frühjahr äußerst unangenehm zu beurteilen ist weil in diesen Jahreszeiten viel Variabilität in der Athmosphäre vorherrscht. 

Man möge es mir nachsehen daß ich einige Textbausteine aus vergangenen Prognosen übernehme, denn vieles gleicht sich im Frühjahr und Herbst, und es anders zu formulieren damit es "besser" aussieht, das fällt mir altersbedingt nun immer schwerer!

Wie immer, wenn es in Richtung Herbst geht, die übliche Anmerkung, daß es Jahreszeitlich bedingt besonders ab Ende September zu immer mehr Kaltluftausbrüchen via Nördliche Hemisphäre kommt, dann beginnt die Polarnacht. Das aufeinandertreffen dieser Kaltluft auf das sehr warme Wasser im arktischen Bereich und des Nordatlantik würde normalerweise viel Tiefdruck zur Folge haben - Nota Bene : Starke Gegensätze sind Tiefdruckfördernd, schwache Gegensätze Hochdruckfördernd - allerdings muss man anmerken daß durch den anthropogen forcierten Klimawandel die Lufttemperaturen der Arktis ebenfalls stark angestiegen sind. somit verringern sich die Gegensätze und Tiefdruck hat es dadurch schwerer sich zu bilden.

Blick auf die Anomalien der Wassertemperaturen :  


(C)NOAA

Auffällig sind die fast durchweg hohen Wassertemps in den für Europa relevanten Gebieten. Tropischer, mittlerer, nördlicher Atlantik, Davis-Straße&Baffin-Bay ( Grönland ), alle weisen sehr hohe positive Abweichungen auf, noch höher als vergangenes Jahr. Einzig westlich der Kanaren/südlich der Azoren befindet sich kälteres Wasser. Ob nun die bevorstehenden Kaltluftausbrüche via NH dafür sorgen werden daß nun weitere Kaltluft in den mittleren Atlantik befördert wird ( aufgrund der Drehrichtung der Tiefdruckgebiete links herum ) und eine durchgreifende Zirkulationsänderung in Gang bringen, bleibt abzuwarten, eher ist zu vermuten daß der September und auch Teile des Oktober noch von der bisherigen Zirkulation beherrscht werden, allerdings dürften sich Störungen häufen .

Ebenso auffällig sind wieder die Anomalien der Wassertemps im mittleren und nördlichen Pazifik, also vor den Westküsten der USA und Kanada bis nach Alaska hinauf. Hier scheint es auf einen neuerlichen Rekord der Anomalien hinaus zu laufen, im Herbst 2018 & Herbst 2021 gab es ähnlich hohe Anomalien, diese resultierten dann in deutlich dominanten GWL-Typen der Zonalen und Gemischten Zirkulation, da sich dadurch das Aleutentief stärkt, welches über den Jetstream direkte Auswirkungen zum Islandtief hat. Aber auch diese Entwicklung dürfte, so sie denn anhält, sich erst recht spät auswirken.

Blicken wir auf den Jahreszeitlich bedingt immer wichtiger werdenden NAO-Index, welcher die Druckdifferenz zwischen dem Islandtief im und dem Azorenhoch darstellt.


 

(C)NOAA

Weite Teile des Sommers waren von einem neutralen NAO-Index geprägt, Mitte Juni und im August zeigen sich deutlich positive Tendenzen, das waren auch die Perioden in denen es häufiger Tiefdruckeinfluss gab, aber wie oben erwähnt nicht überall. Zur Mitte des September hin soll sich der NAO-Index Ri. neutral bewegen, und einige Member ziehen auch in den positiven Bereich, evtl. ist das ein Fingerzeigt für auflebende Zonalität. 

Die Frontalzone war im Sommer deutlich nördlich orientiert, was erklärt, warum die Azorenhochkeile sich so gut durchsetzen konnten : 


(C)NOAA

Die weit nördlich liegende Frontalzone könnte sich in Bezug auf die Hurrikan-Saison als interessant erweisen. In den vergangenen 2 Wochen hat sich der Hochdruck des Nordöstlich-Arktischen Bereichs etwas nach Südwesten orientiert. Sollte dies so weitergehen dann besteht die Möglichkeit, daß sich letzlich Hochdruck über Westrussland etabliert. Kommt es darüber hinaus auch zu gesteigerter Zonalität, so steht wechselhafteren Monaten wenig entgegen, denn wenn genügend Zonalität vorherrscht, "rauscht" diese über ME hinweg, trifft auf Hochdruck über Westrussland und wird dadurch noch gestärkt. 

(C)NOAA

Für dieses Jahr wird eine eher normale Hurrikan-Saison erwartet. Wird ein Ex-Hurrikan / Tropischer Sturm als Tiefdruckgebiet in die Westwindzirkulation eingebunden, ist eher wechselhaftes Wetter zu erwarten. Wird eine eher Südlich / Südwestliche Zugbahn eingeschlagen, dann werden warme bis sehr warme subtropische Luftmassen advehiert und ein Azorenhochkeil unterstützt. 

Das wäre, wie zonale Lagen im Hochsommer, ein sog. "Türöffner" für sehr warmes aber eher unbeständiges Wetter, verursacht bspw. durch die GWL SWz.

Eine normale Hurrikan-Saison könnte nun Gemischte und zonale Lagen begünstigen, und da sich die Frontalzone heuer weit nördlich orientiert hat - siehe den Plot der Frontalzone weiter oben - kann davon ausgegangen werden daß es im weiteren Verlauf des Herbst evtl. öfters dazu kommt, daß außertropische Systeme in die Europäische Wetterzirkulation eingebunden werden.

Blicken wir nun auf die Abweichungen der Luft-Temps auf der NH des vergangenen Sommer, man erkennt negative Abweichungen Grönland/Island, und auch an der Ostküste der Davis-Straße in Kanada gab es negative Abweichungen : 


 (C)NOAA

Dieser Umstand führte, wie schon in den vergangenen Jahren, zu einer leicht abgeschwächten Schmelzrate der NH. Eine eher abgeschwächte Schmelzrate des Schnees bedeutet etwas weniger Süßwassereintrag in den Labrador-bzw. Neufundlandstrom, dadurch bessere Voraussetzungen für Tiefdruckbildung im Bereich Neunfundland, der Geburtststätte der Atlantischen Tiefs. Hier die Anomalien der Schnee-Schmelzrate der NH von Juni und Juli:


 (C)RUTGER SNOW LAB

Ein Blick auf den Jetstream, es zeigt sich daß der Polarfrontjetstream bis auf Mäandrierungen im Nordatlantik schon recht gut ausgebildet ist:



(C)METEOCIEL

Mit folgenden Druckabweichungen könnte im Herbst zu rechnen sein :



 

 (C)KURT HANSEN VIA NOAA

Daraus resultierend dürfte es hauptsächlich zu Gemischten und Zonalen Lagen kommen, allerdings mit Vorteil bei den Gemischten Lagen. Meridionale Lagen werden auch auftreten, hier muss abgewartet werden wie sich die Hurrikan-Saison auf die Zirkulation auswirkt, denn ziehen außertropische Stürme Ri. Norden so iniziiert dies eher Meridionale Lagen. Bei den Großwetterlagen sind BM, NWa, SWz, SWa, TrM,HNz, HNFz, HB, HFz,Nz, TrW, TB zu erwarten, ferner Wz, Wa und WW.

Die Abweichung zu 1961-1990 ( Klimareferenzperiode für Jahreszeiten ) dürfte +1,5° bis +2,5° betragen, zu 1991-2020 +1° bis +2°.  

Quelle der Grafiken : 

https://psl.noaa.gov/data/histdata/
https://www.meteociel.fr/
https://climate.rutgers.edu/snowcover/
https://www.ospo.noaa.gov/Products/ocean/sst/anomaly/
https://www.cpc.ncep.noaa.gov/products/precip/CWlink/pna/nao.shtml
 
Text : (C)Kurt Hansen, Arrondissement Perpignan, Region Occitanie, Departement Pyrénées-Orientales, France.