Schnörkelloser, gradliniger Sommer – mit Schönheitsfehlern – voraus!
„Der Berg kreißte und gebar eine Maus“ – Dieses Zitat von Horaz soll verdeutlichen was die Leugner der anthropogen verursachten Klimakatastrophe in den vergangenen Wochen an Argumenten ins Feld geführt haben um zu verdeutlichen, daß ihrer Meinung nach eine neue Eiszeit bevorstehen würde.
Aufhänger hierfür : Das gerade zu Ende gegangene meteorologische Frühjahr, welches mit einer Durchschnitts-Temperatur von ca. +7,6° abschließen wird und als Synonym für eine klimatische Abkühlung oder gar das anbrechen einer neuen Eiszeit herhalten muss. Ja, das vergangene Frühjahr war außergewöhnlich kalt, keine Frage.
Daß aber bspw. das Frühjahr 2013 mit einer Durchschnittstemperatur von knapp 6,6° um 1° niedriger – was in der Meteorologie Welten bedeutet – abgeschlossen hat, scheint niemanden zu interessieren. V.a. wäre damals von seiten seriöser Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kaum jemand auf die Idee gekommen, den anthropogen forcierten Klimawandel in Frage zu stellen.
Warum ausgerechnet JETZT dies alles in Frage gestellt wird entzieht sich meiner Kenntnis, zumal es sich bei der vergangenen Kälteanomalie um eine temporäre Verkettung von athmosphärisch-chemischen-physikalischen Prozessen handelt, die ich im Unterthema „Langfrist“ des Forum der Wetterzentrale behandelt habe, wen es interessiert darf hier nachlesen :
http://www.wzforum.de/forum2/read.php?27,3961361
Folgende Druckabweichungen wurden von mir erwartet :
Und so stellen sich die Druckabweichungen letzlich dar :
Ein fast perfektes Ergebnis, wenngleich ich nicht ahnen konnte, daß die Dominanz von Nördlich/Nordöstlichen Großwetterlagen dazu führen würde, daß das Frühjahr zu kalt ausfällt. Aber, diese Anomalie ist einzig und allein dem Umstand zuzurechnen, daß es, wie ich im Thema im Forum der Wetterzentrale dargelegt habe, innerhalb weniger Wochen zwei große Stratosphärenerwärmungen gegeben hat.
Schon eine Stratosphärenerwärmung kann die Zirkulation nachhaltig beeinflußen, aber gleich zwei davon nur wenige Wochen voneinander getrennt et voila, fertig ist eine temporäre Anomalie – die in diesem Falle zu Kälte führte, es hätte aber auch wie 2019 laufen können, als es im Hochwinter schon wieder zu einer Stratosphärenerwämung kam und der Februar und März deutlich zu mild ausfielen!
Gut sind die zwei schnell aufeinanderfolgenden Ausschläge der Stratosphärenerwärmungen im Plot der NOAA zu sehen :
Auch zu sehen wie die Temperatur der Stratosphäre anschließend in den teils deutlich unterdurchschnittlichen Bereich fiel. Das sorgte für einen ungewöhnlich starken Polarwirbel, was wiederum zu verstärktem Hochdruck über Grönland führte und letzlich die kälteren Großwetterlagen entsprechend beeinflusste.
Das Final Warming zog sich heuer sehr lange hin, und deswegen dauerte es auch einige Zeit bis sich die athmosphärischen Druckverhältnisse normalisierten bzw. noch dabei sind sich zu normalisieren. Dies zeigt sich auch beim Blick auf den Jetstream :
(C)NOAA
Der Polarfrontjetstream weit südlich verschoben, der Subtropenjetstream mit starker negativer Anomalie, quasi kaum existent. Aber die Verhältnisse normalisieren sich :
(C)NOAA
Der Polarfrontjetstream ist bereits unterbrochen und der Subtropenjetstream dabei, sich wieder neu zu organisieren, was aber noch Zeit braucht.
Dementsprechend präsentieren sich dann auch die Druckverhältnisse des Mai :
Starke Tiefdruckanomalie direkt über ME, immer noch hohe Druckabweichung im Nordmeerbereich, wobei der Hochdruck über Grönland gebrochen ist. Und das ist wichtig für die weitere Entwicklung, die einen anderen Weg nehmen wird als von manchen vermutet! Denn es wird kolportiert, daß der Sommer über weite Strecken von kühlen Großwetterlagen dominiert werden wird. So wird es aber nicht kommen, wenngleich kühle / wechselhafte Abschnitte zu einem Sommer in Mitteleuropa dazu gehören.
Werfen wir nun einen Blick auf die Druckverhältnisse auf der Nördlichen Hemisphäre :
(C)WETTERZENTRALE
Auffallend ist, daß sich die Frontalzone der Druckgebilde weit zurück gezogen hat, und zwar weiter, als es die Jahreszeit vermuten lassen würde. Das könnte dazu führen daß ein Teil der Nördlichen Breiten von Hochdruck dominiert werden dürfte, allerdings nicht mit Kern über Grönland, wie zurückliegend, sondern weit ausgreifend bis nach Sibirien hinein, dort könnte sich der größte Druckgradient aufbauen, mit Schwerpunkt westlich des Ural. „Normalerweise“ würde das zu einem durchwachsenen, wechselhaften Sommer über ME führen, nicht aber, wenn es einen „Gegenspieler“ gibt, in diesem Falle wäre das eine zusätzliche positive Druckanomalie vor der Iberischen Halbinsel, die von einem ausgeprägten aber eher eliptisch geformten Azorenhoch profitieren würde.
Man sieht auf den beiden Bildern oben recht gut, wie sich diese eliptische Formung bereits in Stellung bringt, zusätzlich gibt es Anzeichen dafür daß es vom südlichen Rand von Grönland Austrogungen in den mittleren Atlantik geben könnte.
Die Anomalien der Wassertemps stellen sich wie folgt dar :
Diese zeigen, daß sich im Bereich nördlich der Azoren kühles Wasser befindet, allerdings südlich und südwestlich davon sehr warmes Wasser, es wird heuer ein eher kleiner Bereich des mittleren Atlantik von kühlen bis kaltem Wasser dominiert, dies ist anders als noch 2020. Rund um Island und in Ri. Spitzbergen, also im subpolaren Raum, befindet sich recht warmes Wasser, ebenso südlich von Grönland. Der Bereich mit kühlem bis kaltem Wasser ist also gesamt gesehen wesentlich kleinflächiger als 2020.
Daraus resultiert, daß das Azorenhoch sich wie oben angesprochen eliptisch anordnen dürfte und aufgrund der höheren Dynamik mehr Einfluss auf das Wettergeschehen in ME ausüben könnte. Es sind Gegensätze auf der Nördlichen Hemisphäre vorhanden, diese werden aber nicht stark genug sein um ein neuerliches isoliertes grönländisches Blocking mit entsprechender dauerhafter Advektion von Kaltluft via Nordwest zyklonal herbei zu führen.
Sehr auffallend sind übrigens die Anomalien der Wassertemps im mittleren und nördlichen Pazifik, also vor den Westküsten der USA und Kanada bis nach Alaska hinauf. Sehr kaltes und sehr warmes Wasser treffen hier großflächig aufeinander, was entsprechende Folgen für den Jetstream hat :
Der Jetstream erzeugt infolgedessen eine starke Mäandrierung im Bereich der Rocky Mountains die sich aber nicht weiter bis in den subtropischen Atlantik fortsetzen kann, die Rossby-Wellen dürften somit eher etwas abflachen statt große Austrogungen über ME zu iniziieren, und das könnte wiederum zur Folge haben daß der Sommer in ME auf längere Sicht stabiler verläuft als es das Frühjahr getan hat.
Ich rechne ungefähr mit folgenden Druckabweichungen :
Diese Druckabweichungen dürften dafür sorgen, daß der heurige Sommer längere stabile Phasen aufweist, die Tendenz zu Trogentwicklungen wird aber weiterhin gegeben sein, dies ist einerseits dem Umstand geschuldet, daß es darauf ankommt, wie sich eine Troglage über ME platziert, andererseits der Erhaltungsneigung zu bestimmten Großwetterlagen, das Frühjahr neigte ja oft zu Austrogungen, auch wenn diese im Sommer nicht so persistent auftreten dürften. Auch vermute ich eine Tendenz zu zyklonalen West- und Südwestlagen, die im Sommer zwar wärmeres, aber dafür wechselhafteres Wetter bringen.
Bei den Großwetterlagen des Sommers dürfte es einen Mix aus Gemischten, Meridionalen und Zonalen Lagen geben, wobei ich den „Vorteil“ eher bei den beiden erstgenannten vermuten würde. Zu nennen wären Brücke Mitteleuropa ( BM ), Südwestlage zyklonal ( SWz ), Westlage zyklonal ( Wz ) und evtl. kurzzeitig Hoch Mitteleuropa ( HM ). Meridionale Trog & Tiefdrucklagen ( TrW, TrM ) dürften aber wie oben erwähnt ebenso auftreten, gemischte kühle Lagen ( bspw. NWa) werden heuer eine untergeordnete Rolle spielen, sie stehen für die typischen Einbrüche in einem Mitteleuropäischen Sommer. Eher nördliche Lagen wie HNz, HNa und HFa sollten aufgrund der vermuteten Druckabweichungen auftreten. Die oben angesprochene zyklonale Westlage ( Wz ) könnte im späteren Verlauf des Sommers der Wegbereiter für eine Hoch / Spätsommer – Hitzewelle ( dann hervorgerufen durch die GWL SWa / Wa / HM ) sein, wobei ich heuer davon ausgehe, daß es evtl. nur kurze Hitzewellen geben wird. Hitzetage wird es natürlich geben, sie gehören mittlerweile zum Sommer in ME dazu.
Ich gehe von einer Abweichung von +1° bis +2° zur International gültigen Klimareferenz-Periode für Jahreszeiten 1961 – 1990 aus.
Quelle der Grafiken :
https://psl.noaa.gov/data/histdata/
https://www.wetterzentrale.de/de/default.php
https://www.ospo.noaa.gov/Products/ocean/sst/anomaly/
https://www.netweather.tv/charts-and-data/global-jetstream#2021/06/02/0000Z/jetstream/surface/level/overlay=jetstream/orthographic=-6.72,57.59,712