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Über Kurt Hansen

Kurt Hansen setzt sich in seinem Blogspot Kurt Hansen Meteo auf analytische Weise mit Saisonprognosen sehr ausführlich auseinander.

Herbst 2024

 Mit einer durchschnittlichen Temperatur von +18,5° wird der vergangene Sommer als der 7t-wärmste Sommer seit Aufzeichnungsbeginn geführt werden. Diese Temperatur entspricht dem Sommer von 1947, der seinerzeir als "Wüstensommer" bezeichnet wurde, da er so trocken und Sonnenscheinreich wurde. 

Beim Niederschlag und Sonnenschein hat sich der vergangene Sommer quasi fast genau im Klimatologischen Mittel bewegt, wenn auch natürlich mit starken regionalen Unterschieden. 

Meine Analyse zur Sommerprognose fällt geteilt aus. Bei den Druckabweichungen lag ich völlig daneben, hier meine Prognose : 

(C)KURT HANSEN VIA NOAA

Aber das Ergebnis sieht so aus :


(C)NOAA

Völlig daneben, kurz gesagt. Ich bin daher weiter am überlegen ob ich in Zukunft die Prognose der Druckabweichungen sein lasse, es scheint zu schwer geworden zu sein diese richtig zu treffen. 

Ein anderes Bild bei der Prognose des Sommerverlaufs und der Großwetterlagen, folgendes hatte ich vermutet : 

Da sich aktuell auch über den Azoren keine Entwicklung anzeigt die bspw. die Abschnürung einer Hochdruckzelle iniziieren würde ( kalbendes Azorenhoch ) haben wir einen weiteren Baustein für eher unbeständige, sehr unsichere bzw. kaum zu prognostizierende Großwetterlagen. 

Momentan gilt, daß es weiter nach Norden eher stabil wird und weiter nach Süden instabil. Da  aufgrund vorherrschender Troglagen zwar warme bis sehr warme Luftmassen advehiert werden, diese aber sehr feucht sind, scheint sich weitere Unbeständigkeit erstmal zu manifestieren. 

Natürlich wird es dennoch Hitzelagen geben, stabile sommerliche Phasen, aber wie und wann diese auftreten werden ist angesichts der athmosphärischen Entwicklungen kaum zu prognostizieren. Sommer, die Blockierungslagen im nördlichen Bereich zeigen, neigen dazu, eher im späteren Verlauf stabiler zu werden, manchmal zieht sich das aber bis in den Spätsommer / Frühherbst. 

Bei den Großwetterlagen vermute ich solche, die eher für Unbeständigkeit stehen, es dürften aber auch solche auftreten, die auch mal stabile Phasen bringen. Als da wären TrW, TrM, TB, SWz, WW, WZ, NWz, BM, WA. 

Abweichungen 0° bis +1,5° zu 1991-2020, +0,5° bis 2° zu 1961-1990.

Gut getroffen die Charakteristik dieses über weite Strecken wechselhaften Sommers, bei den Großwetterlagen ein sehr gutes Ergebnis, denn NWZ ( 10x ) WZ ( 16x ) BM ( 14x ) WA ( 14x ) TB ( 9x ) und WW ( 7x ) waren die dominierenden Großwetterlagen, und genau diese hatte ich auch erwähnt. 

Die Temp-Abweichung zu 1961-1990 mit bis zu +2° etwas zu defensiv ( Ergebnis +2,2° ) aber bei 1991-2020 mit bis zu +1,5° ( Ergebnis +0,9° ) recht gut vermutet.

Nun zum Herbst, wie immer bei den Übergangsjahreszeiten eine undankbare Aufgabe. Es wird immer schwieriger, diese zu prognostizieren. Man mag es mir daher nachsehen daß ich Textbausteine aus früheren Prognosen verwende, dann das bspw. 2023 gesagte gilt auch 2024! 

Das liegt v.a. an der Tatsache, daß sich die Weltmeere durch die Klimakatastrophe immer stärker aufheizen und scheinbar weit entfernte Wetterphänomene wie ENSO ( El Nino, La Nina ) nun doch immer mehr Einfluß auf unser Wetter nehmen, wenngleich der Atlantik weiter für uns bestimmend ist. Aber, auch Atlantik, die arktischen Meere und das Mittelmeer, zeigen immer höhere Abweichungen. Zwar zeigt der Atlantik aktuell nicht so hohe Abweichungen wie 2023, aber die polaren Meere und v.a. das Mittelmeer erreichen bei den Abweichungen fast schwindelerregende Höhen : 


(C)NOAA

Auf die Abweichungen im Mittelmeer wird man besonderes Augenmerk haben müssen, denn dort steigt dann immer mehr die Gefahr von sog. "Medicanes", also starken Stürmen, die zum Teil verheerende Niederschlagsmengen bringen können. 

Auffällig aber auch heuer wieder sind die fast durchweg hohen Wassertemps in den für Europa relevanten Gebieten. Tropischer, mittlerer, nördlicher Atlantik, Davis-Straße&Baffin-Bay ( Grönland ), alle weisen sehr hohe positive Abweichungen auf, wenn auch nicht so hoch wie vergangenes Jahr. Auch rund um die Kanaren und den Azoren finden sich hohe Abweichungen. 

Ob nun die später bevorstehenden Kaltluftausbrüche via NH dafür sorgen werden daß dann Kaltluft in den mittleren Atlantik befördert wird ( aufgrund der Drehrichtung der Tiefdruckgebiete links herum ) und eine durchgreifende Zirkulationsänderung in Gang bringen, bleibt abzuwarten, eher ist zu vermuten daß der September aufgrund der hohen Anomalie des Geopotentials über weite Strecken spätsommerlich verläuft, allerdings weiterhin mit Wechselhaftigkeit, und so lauten ja auch die Prognosen der Wetterdienste, und diese lässt sich auch gut in den Vorhersagekarten sehen. 


 (C)METEOCIEL

Da scheint sich eine Hochdruck-Entwicklung über Skandinavien und dem Atlantik vor den Britischen Inseln anzudeuten.

 

Ebenso auffällig, wie schon 2023, sind wieder die Anomalien der Wassertemps im mittleren und nördlichen Pazifik, also vor den Westküsten der USA und Kanada bis nach Alaska hinauf. Im Herbst 2018, 2021 und auch 2022 gab es ähnlich hohe Anomalien, diese resultierten dann in deutlich dominanten GWL-Typen der Zonalen und Gemischten Zirkulation, da sich dadurch das Aleutentief stärkt, welches über den Jetstream direkte Auswirkungen zum Islandtief hat. Aber auch diese Entwicklung dürfte, so sie denn anhält, sich erst recht spät auswirken.

Blicken wir auf den Jahreszeitlich bedingt immer wichtiger werdenden NAO-Index, welcher die Druckdifferenz zwischen dem Islandtief im und dem Azorenhoch darstellt.

 (C)NOAA

Weite Teile des Sommers waren von einem wechselnden NAO-Index geprägt, besonders stark von mitte Juni bis Anfang August, das waren auch die Perioden die besonders wechselhaft verliefen. Zur Mitte des September hin soll sich der NAO-Index Ri. negativ bewegen, und nur wenige Member ziehen danach in den positiven  Bereich, es scheint sich also nach einer kurzen Hochdruckphase wieder Wechselhaftigkeit einzustellen.

Die Frontalzone war im Sommer zwar südlich orientiert, aber im atlantischen Bereich recht glattt, was erklärt daß die zyklonalen Wetterlagen recht schnell durchzogen :


 

 (C)NOAA

Nun zur atlantischen Hurrikansaison und die evtl. Auswirkungen auf unser Wetter. Wie oben erwähnt, werden die Anomalien der Wassertemperatur immer höher. Dies wirkt sich zwar noch nicht in einer gestiegenen Anzahl an außertropischen Sturmsystemen aus, wohl aber in der Stärke der einzelnen Ereignisse.

Für dieses Jahr wird eine deutlich überdurchschnittliche Hurrikan-Saison erwartet. Wird ein Ex-Hurrikan / Tropischer Sturm als Tiefdruckgebiet in die Westwindzirkulation eingebunden, ist eher wechselhaftes Wetter zu erwarten. Wird eine eher Südlich / Südwestliche Zugbahn eingeschlagen, dann werden warme bis sehr warme subtropische Luftmassen advehiert und u.a. ein Azorenhochkeil unterstützt. 

Das wäre, wie zonale Lagen im Hochsommer, ein sog. "Türöffner" für sehr warmes aber eher unbeständiges Wetter, verursacht bspw. durch die GWL SWz.

Eine deutlich überdurchschnittliche Hurrikan-Saison könnte nun Gemischte und zonale Lagen eher begünstigen als meridionale, und da die Frontalzone im atlantischen Bereich eher glatt verlief - siehe den Plot der Frontalzone weiter oben - könnte es daher im Verlauf des Herbst evtl. öfters dazu kommen, daß außertropische Systeme in die Europäische Wetterzirkulation eingebunden werden. Aber, der Unsicherheitsfaktor in den kommenden Jahren bleibt bestehen : Wird die zunehmende Stärke der außertropischen Sturmereignisse mehr Einfluß auf ME nehmen und wenn ja, mit welchem Ergebnis?

Blicken wir nun auf die Abweichungen der Luft-Temps auf der NH des vergangenen Sommer, man erkennt stark negative Abweichungen über Island, und auch an der Ostküste der Davis-Straße in Kanada gab es negative Abweichungen, desweiteren höhere Abweichungen im Bereich Ostküste USA bis nach Neufundland und im Bereich Spitzbergen : 


(C)NOAA

Wie schon in den vergangenen Jahren zeigt sich weiterhin eine leicht abgeschwächte Schmelzrate der NH, etwa auf gleichbleibendem Niveau. Eine eher abgeschwächte Schmelzrate des Schnees bedeutet etwas weniger Süßwassereintrag in den Labrador-bzw. Neufundlandstrom, dadurch bessere Voraussetzungen für Tiefdruckbildung im Bereich Neunfundland, der Geburtststätte der Atlantischen Tiefs. Hier die Anomalien der Schnee-Schmelzrate der NH von Juni und Juli:


(C)RUTGER SNOW LAB

Der Polarfrontjetstream zeigt sich, bis auf den Bereich über Skandinavien, kräftig und gut ausgebildet, ohne große Mäandrierungen, Folge des bereits jetzt sehr starken Polarwirbels, was aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt ( noch ) keine große Rolle spielt, aber schonmal ein Achtungszeichen bedeutet : 



(C)STRATOBSERVE & METEOCIEL

Mit folgenden Druckabweichungen könnte im Herbst zu rechnen sein:


 (C)KURT HANSEN VIA NOAA

Daraus resultierend dürfte es hauptsächlich zu Gemischten, Zonalen und auch meridionalen Lagen kommen, allerdings mit Vorteil bei den Zonalen und Gemischten Lagen. Bei Meridionalen &Zonalen Lagen muss abgewartet werden wie sich die Hurrikan-Saison auf die Zirkulation auswirkt, denn ziehen außertropische Stürme Ri. Norden so iniziiert dies eher Meridionale Lagen. Bei den Großwetterlagen sind BM, HM, NWa, SWz, SWa, TrM,HNz, HNFz, HB, HFz,Nz, TrW, TB zu erwarten, ferner Wz, Wa und WW und evtl. Nz, TM, NWz und SEz.

 Ja, das sind viele Großwetterlagen, aber so ist das nunmal bei 3 Monaten Übergangsjahreszeit. Aufgrund der Variabilität der Luft-und Wassertemps kann es nunmal rasche Wechsel der Wetterlagen geben. 

Die Abweichung zu 1961-1990 ( Klimareferenzperiode für Jahreszeiten ) dürfte +1,5° bis +3° betragen, zu 1991-2020 +1° bis +2°.  

Quelle der Grafiken : 

https://psl.noaa.gov/data/histdata/
https://www.meteociel.fr/
https://climate.rutgers.edu/snowcover/
https://www.ospo.noaa.gov/Products/ocean/sst/anomaly/
https://www.cpc.ncep.noaa.gov/products/precip/CWlink/pna/nao.shtml
https://www.stratobserve.com/ens_ts_diags
 
Text : (C)Kurt Hansen, Arrondissement Perpignan, Region Occitanie, Departement Pyrénées-Orientales, France.


Sommer 2024

Beständige Unbeständigkeit?

Das Frühjahr 2024 hat den recht lange bestehenden Rekord des Frühjahr 2007 gebrochen. Mit 10,8°C betrug die Abweichung gegenüber dem Mittel für Jahreszeiten 1961-1990 +3,1°K, im Vergleich mit der neuen Klimareferenzperiode 1991-2020 +1,9K. Desweiteren wurde das Frühjahr in vielen Regionen sehr nass bis extrem nass, aktuell leidet besonders Bayern unter einer Hochwasserlage, davor gab es Hochwasser im Saarland und Rheinland - Pfalz. Angesichts der Klimakatastrophe verwundern solch immer häufiger auftretenden Ereignisse nicht, es ist einfache Physik, denn : Eine immer wärmere Athmosphäre nimmt immer mehr Feuchtigkeit auf. 

Wen es interessiert, im Clausius-Clapeyron-Gesetz wird es erklärt. Es gehört zu den Grundgesetzen der Thermodynamik.

Wie ist meine Frühjahrsprognose zu beurteilen? Folgende Druckabweichungen brachte das Frühjahr : 


(C)NOAA

und so sah meine Prognose aus : 

 

(C)KURT HANSEN VIA NOAA

Ein m.M.n. durchaus sehr gelungenes Ergebnis, wenn auch die Abweichungen etwas verschoben sind, aber die Grundstruktur sehr gut getroffen.

Bei den Großwetterlagen kein gutes Ergebnis, außer BM, SWz, NWZ, TB, habe ich keine weiteren richtig vermutet. Dominierend waren u.a. TrW, TM, SEz, Ws, TrM.

Die Abweichung zu 1961-1990 wurde mit vermuteten +1° bis +2° nicht erkannt ( es gab wie gesagt einen neuen Rekord ) aber bei 1991-2020 lag ich mit bis zu +2° genau richtig.

Nun zum Sommer. Die Prognose hat mir viel Kopfzerbrechen bereitet, es gab kurz hintereinander zwei große Stratosphärenerwärmungen deren Folgen bis heute reichen und noch weiter reichen werden. Anfang März erfolgte die erste, 10 Tage später die zweite ( daher konnte die erste nicht als Final Warming, also die Umkehr zur östlichen Sommerwindzirkulation, eingestuft werden ) die dann auch tatsächlich zu einer Interaktion von Stratosphäre und Troposphäre ( hier finden die Prozesse statt, die unser Wetter bestimmen ) führten. Dieser Vorgang erfolgte in der 3ten April-Dekade und führte zum einzigen nennenswerten Kaltlufteinbruch des Frühjahrs.


(C)NOAA

Aktuell ist die Temperatur in 10hpa recht deutlich unter dem Jahreszeitlich üblichen Durchschnitt


(C)CPD JMA

desweiteren gab es nach dem Final Warming des Polarwirbel relativ kleine Amplituden der Wellen 1 und 2 in 10hpa ( große bzw. starke Amplituden der Wellen führen zu Erwärmungen, kleine Amplituden wirken abkühlend ) 



 (C)CPD JMA

was wiederum bedeutet daß dies zu einem stabileren und kälteren Polarwirbel führt und die Sommerzirkulation es schwer hat sich entsprechend durchzusetzen. Darüber hinaus führten die Erwärmungen dazu, daß sich über Kanada und Skandinavien sehr starker Hochdruck durchsetzte



welcher dafür verantwortlich ist daß sich eine Blockierungslage bildet und, flankiert von starker Tiefdruckanomalie im Bereich Grönland/Island und im polaren Bereich, immer wieder sog. "Abtropfprozesse" bildeten und weiter bilden werden. 

Der Subtropenjet ist quasi nicht existent



 (C)NOAA

und daher wird es für stabilen Hochdruck über Mitteleuropa schwer, da sich aufgrund der Wellenflüsse die Blockadelagen immer wieder neu bilden. Dies zeigt auch ein Plot der vergangenen 14 Tage, man sieht deutlich die Blockierung die sich von Kanada über den Nordatlantik bis nach Skandinavien zieht



Abhilfe könnten zonale Lagen schaffen, diese sind durchaus dazu fähig, Blockierungslagen zu "knacken", aber dazu bräuchte es starke Temperaturgegensätze an der Geburtsstätte der atlantischen Tiefs, vor Neufundland, wie schaut es dort mit den Wassertemperaturen aus?

Map of SST anomalies  

 (C)NOAA

Das Wasser dort ist viel zu warm,  als daß sich hieraus zyklonale und damit eher wechselhafte Großwetterlagen über dem Atlantik bilden können.

Da sich aktuell auch über den Azoren keine Entwicklung anzeigt die bspw. die Abschnürung einer Hochdruckzelle iniziieren würde ( kalbendes Azorenhoch ) haben wir einen weiteren Baustein für eher unbeständige, sehr unsichere bzw. kaum zu prognostizierende Großwetterlagen. 

Momentan gilt, daß es weiter nach Norden eher stabil wird und weiter nach Süden instabil. Da  aufgrund vorherrschender Troglagen zwar warme bis sehr warme Luftmassen advehiert werden, diese aber sehr feucht sind, scheint sich weitere Unbeständigkeit erstmal zu manifestieren. 

Natürlich wird es dennoch Hitzelagen geben, stabile sommerliche Phasen, aber wie und wann diese auftreten werden ist angesichts der athmosphärischen Entwicklungen kaum zu prognostizieren. Sommer, die Blockierungslagen im nördlichen Bereich zeigen, neigen dazu, eher im späteren Verlauf stabiler zu werden, manchmal zieht sich das aber bis in den Spätsommer / Frühherbst. 

Bei den Großwetterlagen vermute ich solche, die eher für Unbeständigkeit stehen, es dürften aber auch solche auftreten, die auch mal stabile Phasen bringen. Als da wären TrW, TrM, TM, SWz, WW, WS, NWz, BM, SWa. 

Abweichungen 0° bis +1,5° zu 1991-2020, +0,5° bis 2° zu 1961-1990.

Druckabweichungen kaum zu prognostizieren, ich versuche es trotzdem :


(C)KURT HANSEN VIA NOAA

Quelle der Bilder & Plots :

https://psl.noaa.gov/data/histdata/
https://www.ospo.noaa.gov/Products/ocean/sst/anomaly 
https://ds.data.jma.go.jp/tcc/tcc/products/clisys/STRAT/